6 Geologischer Überblick

Der Untersuchungsraum befindet im NW' Teutoburger Wald (auch Osning genannt), direkt im geologischen Spannungsraum zwischen den geologischen Großeinheiten des Münsterländer Kreidebecken im S und dem Niedersächsichen Tiefland-Tektogen im N (Abb. 6.1). Beide Großräume werden durch die SE-NW streichende Osning-Überschiebung, welche zur morphologischen Aufwölbung des Teutoburger Waldes führt, gegeneinander abgegrenzt. Entlang dieses tektonischen Lineamentes sind die älteren mesozoischen Gesteine des Niedersächsichen Beckens (im wesentlichen Perm, Trias und Jura) auf die jungmesozoischen, kretazischen Ablagerungen des Münsterlandes von N nach S aufgeschoben und haben Letztere aufgesteilt bzw. verschleppt. Der Verlauf dieser langanhaltenden Sutur läßt sich entlang des gesamten Höhenzuges verfolgen und dominiert den geologischen Bau der Region.


Abb. 6.1: Geologische Übersichtskarte des Münsterlandes mit der Lage des Untersuchungsraums zwischen Münsterländer Kreidebecken und Niedersächsischem Becken, direkt an der Osning-Verwerfungszone (GLA NRW, 1995)

Obwohl diese bedeutende tektonische Bruchzone bereits während der spätvariscischen Faltungsphase aktiv war (inkl. Ochtuper und Gronauer Störungszone) erfolgte die Hauptbewegung erst gegen Ende der Oberkreide, während der sogenannten Laramischen Phase, welche im Zusammenhang mit Einengungsbewegungen als kontinentale Fernwirkung der Alpentektogenese gesehen werden muß. Während dieser Phase hoben sich ehemalige Senkungsräume wie das Nordeutsche Becken, die hessische Senke und der Nordrand des Münsterländer Kreidebeckens. Die Gesteinsschichten des Teutoburger Waldes wurden dabei steil aufgerichtet, z.T. überkippt und von den älteren Ablagerungen des nördlich angrenzenden Tektogens überfahren (Abb. 6.2. und 6.3).


Abb. 6.2: Geologische Übersichtskarte des Nordrandes des Münsterlander Kreidebeckens mit der relativen Lage des Untersuchungsraums, seinen überwiegend kretazischen Ablagerungen, und dem Verlauf der Osning-Hauptüberschiebung   (GLA NRW, 1995)

Aufgrund des besonderen tektonischen Baus der Region (Abb. 6.3) gehört das Arbeitsgebiet zu einem der geologisch interessantesten Teile Nordrhein-Westfalens (Thiermann, 1970). Unweit des Untersuchungsraumes streichen bei Ibbenbüren auf einer Karbonscholle (-horst) Gesteine des Paläozoikums (Westfal B, C und D) aus. Diese Schichten wurden in einem riesigen Delta am Nordrand der subvariscischen Saumtiefe durch Flußsysteme abgelagert. Der ehemalige Küstensaum grenzte im S an die Rheinische Masse, welche als Hochgebirge zur Zeit des Karbons aufragte. Die überwiegend fluviatilen Schichtfolgen beinhalten marine Einschaltungen, die von kleinräumigen Meereseinbrüchen (Transgressionen) nach Süden zeugen. In Stillstandphasen bildeten sich Sumpfmoore, aus deren organischen (pflanzlichen) Ablagerungen sich später diagenetisch die Kohleflöze des Westfals bildeten und welche heute bei Ibbenbüren abgebaut werden. Auf der Ibbenbürener Bergplatte tritt das Westfal C und D zu Tage, wobei die Schichten generell nach N einfallen; nach S streichen also die ältesten Schichten aus. Durch eine eine zum Vorland hin steil abfallende Randverwerfung begrenzt wird das Karbon von Staffeln jüngerer Formationen umlaufen, die aber überwiegend von Ablagerungen des Quartärs verdeckt sind. Südlich der Karbonscholle stehen so lokal Gesteine des Perms (Zechstein), der Trias (Buntsanstein, Muschelkalk, Keuper) und des Juras an.


 Abb. 6.3: Geologisches Übersichtsprofil zu Abbildung 6.2 (GLA NRW, 1995)

Die Gesteine der Karbonscholle wurden im Gegensatz zu den vergleichbaren Ablagerungen unmittelbar nördlich der Rheinischen Masse innerhalb der vorgelagerten Saumtiefe (heute das Ruhrkohle-Revier) durch die Asturische Tektogenese kaum beinflußt. Letztere führte jedoch zu einer Vergrößerung der Festlandsmasse indem sie die flözführenden Gesteine auffaltete und anhob. Als Folge dieser Gebirgsbildung reichte das Land nun wesentlich näher an den nördlich vorgelagerten Ablagerungsraum heran und nahm stärker Einfluß auf das Sedimentationsgeschehen (bis in die Unterkreide hineinreichend).


Diese unmittelbare Nähe des Festlandes machte sich zunächst während des Zechsteins in einer etwas anderen chemischen Zusammensetzung der Ablagerungen am südlichen Beckenrand gegenüber dem nördlichen Hauptbecken bemerkbar (geringere Meerestiefe!). Auch während der Trias nahm das Gebiet eine Randlage im W des Germannischen Beckens ein. Die Ablagerungen repräsentieren deshalb epikontinentale Schelfablagerungen unter subtropisch-semiariden Klima. Die Fazies wechselte dabei von klastischen Schüttungen des Buntsandsteins über chemisch/karbonatischen Sedimente des Muschelkalkes zu den eher gemischten Ablagerungen des Keupers mit brackisch-limnischen Einflüssen.


Während des Juras begann sich der Raum erneut zu senken, wobei rein marine, tonige, fossilreiche Sedimente abgelagert wurden. Erst im Oberen Jura machten sich rückläufige Tendenzen bemerkbar, welche gegen Ende der Jura-Zeit in den brackisch-limnischen Sedimenten des Wealden an der Wende zur Unterkreide Ausdruck fand. Der Jura baut mit seinem widerstandfähigstem Glied der Oxford-Stufe einen markanten Höhenzug in der Umrandung des Karbonhorstes auf. Der jüngere Teil des Juras wird von quartären Sedimenten in der Ibbenbürener Aa-Aue bedeckt. Erst mit erreichen der Wealden-Schichten (Oberstes Jura/Unterkreide) wird die Nordabdachung des Teutoburger Waldes erreicht. Das Gebiet des Untersuchungsraumes liegt nun unmittelbar am Südrand des Niedersächsischen Beckens, direkt an der Nördlichen Küste der Rheinischen Masse. Die ständige Nähe des sedimentliefernden Festlandes im S macht sich mit seinen sandigen Einschüttungen bemerkbar. Wechselnde Meereseinbrüche sorgten für das Entstehen von Küstenmooren, deren Ablagerungen später diagenetisch in die Kohleflöze des Wealden umgewandelt wurden. In der weiteren Entwicklung der Unterkreide dominiert diese deltaische Küstenfazies, insbesondere vom Mittelvalangin bis zum Unteralb in Form der Osning-Sandsteinfazies, deren Gesteine den deutlicheren Nordkamm (3) des Teutoburger Waldes bilden.


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Abb. 6.4: Paläogeographische Situation zur Unterkreidezeit in NW Deutschland (GLA NRW, 1995)



Mit Beginn der Oberkreide setzt eine südlich gerichtete weite Meerestransgression ein, welche die weichen Tonmergelsteine des Mittel- und Oberalbs und die Kalke des Cenomans auf dem stark eingrumpften Nordteil der Rheinischen Masse zurückläßt. Diese Gesteine streichen meist unter Quartär in einem großen Längstal vor dem südlich vorgelagertem Kamm (2)  der Oberkreide aus. Letztere Kamm wird aus den Kalken des Cenomans und des tiefen Turons gebildet. Die Ablagerungen des höheren Turons, des Coniac und Santons gehen bereits in die flache Lagerung der Münsterländer Kreidebucht über und bleiben unter der mächtigen Quartärbedeckung des Münsterlandes verborgen. Das Meer zog sich gegen Ende der Oberkreide erneut weit nach Norden zurück (Regression!).


Mit dem Einsetzen der subherzynisch-laramischen Phase um die Wende Kreide/Tertiär (Miozän) wurden die ehemals horizontal abgelagerten Schichten emporgehoben, wobei der Osning durch kompressive Kräfte aufgerichtet und etwas später der Ibbenbürener Karbonhorst durch vertikaltektonische Bewegungen herausgehoben wurde. Gleichzeitig setzte eine südwärts gerichtete Druckbewegung gegen den Osning ein, in deren Folge die älteren mesozoischen Schichten über die Kreide überschoben wurden (Osningüberschiebung!). Nach einer kurzlebigen miozänen Meerestransgression (nur in einer Bohrung nachgewiesen!) erfolgt bis zum heutigen Tage erosive Abtragung.


Es ist davon auszugehen, daß bereits zu Beginn des Quartärs das heutige Relief herausgearbeitet war. Im Verlauf der Kaltzeiten bedeckte das von Skandinavien vorstoßende Inlandeis den Untersuchungsraum zweimal: Während der Saale- und Drenthe-Eiszeit. Ablagerungen sind jedoch nur aus dem Drenthestadium im Kartiergebiet überliefert. Es handelt sich um Geschiebe, Schotter und Moränenmaterial, sowie äolische Sandanwehungen, Löß, fluviatile Sande, welche als Talfüllungen weite Teile des mesozoischen Untergrundes bedecken. Während des Holozäns bildeten sich vielfach Dünen und weite Talauenbereiche aus.